TOPOS 18
Joachim Schickel
Über Konfuzius
Vorbemerkung der Herausgeber: 1983 schrieb Joachim Schickel den großen Konfuzius-Essay für die Sendereihe »Die Lehren der Lehrer« im 3. Programm des Norddeutschen Rundfunks. Zehn Jahre zuvor hatte die Anti-Konfuzius-Debatte in der Volksrepublik China begonnen, zu der Schickel 1976 einen informativen Materialien-Band veröffentlichte (Konfuzius. Materialien zu einer Jahrhundert-Debatte, Insel Verlag, Frankfurt am Main). Schickel, dem wir die subtile Übersetzung und Kommentierung der Gedichte Mao ze dongs verdanken und der uns wesentliche Einsichten in das chinesische Denken - das klassische wie das moderne - vermittelt hat, bemerkt vorbereitend zur Konfuzius-Debatte: »Die Auseinandersetzung zwischen Marxisten und Konfuzianern (echten oder so benannten) hat in China (nicht nur im kommunistischen) lange Tradition; sie kehrt also kaum von ungefähr periodisch wieder, freilich unter jeweils anderem politischem Aspekt. In der Moral- und Staatslehre des K’ung-fu-tze ist zweifellos ein Ferment enthalten, das sowohl Reaktionären als Progressiven zersetzend zu sein scheint« (ebd., S. 15). Diese Ambivalenz gründet in der Historizität jedes Denkers, der nicht anders als in den Kategorien der Klassengesellschaft seiner Zeit denken kann, auch wenn er sich kritisch zu ihnen verhält; und der zugleich den in jeder Periode der Menschheitsgeschichte aufleuchtenden Vor-Schein gelungenen Menschseins zur Sprache bringt. Die konfuzianische Verhaltensnorm hat Klassencharakter, und in einem damit eignet ihr eine pragmatische Universalität. Wer dies zusammensehen kann, ist gegen Idealisierungen gefeit. Dies zum Zeitpunkt der Konfuzius-Debatte vorgeführt zu haben, macht Schickels Essay zu einem historischen Dokument, wert, sich seiner zu erinnern. Konfuzius aus der Mitte seines Denkens heraus vorzustellen, macht den Essay zu einem jederzeit gegenwärtigen.
Vorbemerkung. Ein Schüler des Lao-tzu erzählt[1], der 50jährige Konfuzius habe den alten Weisen besucht, um Belehrung zu empfangen. Seine Erzählung ist unhistorisch: Meister K’ung lebte 551-479, Meister Lao schrieb von tao und te etwa 240[2]; sie ist durchsichtig: die Autorität des Älteren sollte die Popularität des Jüngeren mehren; sie ist unglaubwürdig: politisch wie moralisch hatten beide einander nichts zu sagen. Gleichwohl hat die Erfindung ihre eigentümliche Wahrheit.[3] Begegneten sich auch keine Personen, so treten doch zwei Gestalten der Philosophie - die eine rational, die andere spekulativ - ins zeitlos zeitliche Verhältnis, die miteinander nie auskommen und voneinander nie lassen.
DER MEISTER SAGTE: EIN HERR, DER MENSCHENWÜRDE AUFGIBT, WIESO FÜLLT ER SEINEN NAMEN AUS?[4]
»Der Meister sagte...«. Wenn wir Konfuzius lesen, lesen wir nicht Konfuzius; drei Wörter, die so häufig fallen, so einfach scheinen, enthalten Paradox und Problem des textus receptus. In früheren Zeiten ließe die Sinologen etliche Bücher unter K’ungs Namen gehen, in unseren sprachen sie ihm alle ab. Das »Buch der Wandlungen« sollte er teilweise, die Chronik »Frühling und Herbst« zur Gänze geschrieben, die Bücher der Lieder und der Urkunden jedenfalls kompiliert, redigiert, inspiriert haben. Wenig, beinahe nichts davon ist zu halten, die Texte mögen seines Geistes sein, von ihm selber stammen sie nicht. Trotzdem vertrauen wir einem autós epha, daß »er selber sagte«, welches die Schüler des Pythagoras als letzte Instanz ausspielten. Wir haben freilich bessere Gründe, denn wir haben, anstatt mit künstlich verdunkelter Weisheit, mit natürlich aufklärendem Wissen zu tun; keine Offenbarung wird verschlüsselt, vielmehr ein Diskurs entfaltet: wir haben Gespräche. Über ihre Authentizität urteilt der Wissenschaftler heute:
»Wir befinden uns bei Konfuzius, was die Überlieferung seiner Lehren anbelangt, ... in einer ähnlichen Situation wie bei Sokrates, dessen Gedanken wir ja ebenfalls nur über die Vermittlung anderer kennen. Ich nenne die Situation bewußt nur ›ähnlich‹ und nicht ›gleich‹, denn genau betrachtet ist es um die konfuzianische Lehrtradition ungleich schlechter bestellt. Denn bei Sokrates müssen wir uns zwar auf Berichte verlassen, die aus zweiter Hand kommen, bei Konfuzius aber stammen sie ... sogar aus dritter Hand und sind zudem noch durch eine weitaus unsicherere Überlieferung verdorben; die Dialoge des Sokrates wurden, sehen wir von den berichten Xenophons ab. von nur einem seiner Schüler, von Platon, aufgezeichnet, die Gespräche des Konfuzius dagegen werden von einer ganzen Gruppe seiner Anhänger weitererzählt.«[5]
Diese Gespräche heißen in China »Lun-yü«; die Engländer kennen sie als analects[6], zu deutsch »Analekten«. (Eigentlich sammelt der Ausdruck ausgewählte Stellen von Schriftstellern der Antike, gewissermaßen Lesefrüchte, im Falle des Meisters K’ung sind aber Zitate vom Hörensagen gemeint.) Wir nehmen lun-yü am besten beim chinesischen Begriff: gesprächsweise geäußerte Worte. Daß sie keinen Platon gefunden haben, der sie tradierte, sondern mehr oder minder Namenlose, anstelle des Einen die Vielen, verbürgt sie eher.[7] Unser Sokrates ist ein platonischer, unser Konfuzius ein konfuzianischer.
CHI K’ANG FRAGTE, AUF WELCHE WEISE DAS VOLK ZU RESPEKT LOYALITÄT ZU ERMUTIGEN SEI. DER MEISTER SAGTE: KOMME IHM ERNSTHAFT ENTGEGEN, DANN HAT ES RESPEKT; SEI GEHORSAM GEGEN DIE ELTERN UND NACHSICHTIG GEGEN DIE KINDER, DANN IST ES LOYAL; FORDERE JENE, DIE DAZU TAUGEN, ABER BELEHRE JENE, DIE DAZU NICHT IMSTANDE SIND, DANN WIRD ES ERMUTIGT.[8]
Platon ging dreimal nach Syrakus, Konfuzius zog lebenslang durch die Nachbarstaaten. Beide scheiterten sie, einen philosophischen Herrscher zu finden, oder wenigstens einen, der Philosophen herrschen ließ. Beide erlebten die Aufregung um ihren Idealstaat nicht mehr, beide starben politisch enttäuscht. Die Mächtigen der Zeit - Chi K’ang zum Beispiel, der de facto in seinem Heimatstaat Lu regierte - hörten Meister K’ung zwar an, hörten vielleicht gar auf ihn, aber dem Vertrauen folgte keine Betrauung.
»... die Positionen, die Konfuzius erstrebte, wurden ihm nicht angetragen, und diejenigen, die ihm angetragen wurden, erstrebte er nicht - entweder weil es ihm widerstrebte, sich mit Usurpatoren einzulassen, oder weil er fürchtete, dies sei mit seinen Lehren unvereinbar und würde seiner Reputation schaden. So kam er zwar zu Rang und Würden - im Unterschied zu einigen seiner Schüler jedoch nie zu einem Amt, das ihm Einfluß auf die Politik eines Staates eintrug.«[9]
K’ung hatte genug Veranlassung, das Staatswesen Chinas im großen und im kleinen für dermaßen bankrott zu halten, daß eine Neuordnung allein aus Prinzipien möglich war. Die Könige der Chou hatten in sieben Jahrhunderten beinahe jede Macht, außen- wie innenpolitisch, eingebüßt; Randstaaten bedrohten die mittleren Staaten, und die mittleren bekämpften sich gegenseitig, ohne daß ihnen Einhalt geboten wurde. Innerhalb der chung-kuo - wir kennen sie als »Reich der Mitte« anstatt richtiger als »mittlere Staaten« - setzte sich der Konkurs der Zentralgewalt fort; einflußreiche Familien, in Lu waren es drei, spielten den Fürsten mit wie die Fürsten dem König. Das Reich war in Staaten zerfallen, die Staaten waren in Clans, die Clans in Interessengruppen, diese in Personen zersplittert - ein Chaos aus Willkür und Krieg, Selbstsucht und Not. Meinte K’ung sich veranlaßt, handeln zu sollen, er fühlte sich auch überzeugt, handeln zu können.
DER MEISTER SAGTE: GÄBE ES EINEN, DER MICH ANSTELLTE - ZWÖLF MONATE, UND ICH WÄRE WEITER, DREI JAHRE, UND ICH WÄRE FERTIG.[10]
Warum es keinen gab, erklärt man gerne ex negativo: Konfuzius sei politisch nicht geschmeidig, diplomatisch nicht raffiniert gewesen, weder ein Metternich noch ein Macchiavelli, habe er Militärisches verachtet, Administratives vernachlässigt.[11] Reichte diese Erklärung aus, wäre K’ungs Antwort, als ihn jemand fragte, warum er nicht »in der Politik« sei, ausschließlich für Resignation zu nehmen.
DER MEISTER SAGTE: IM BUCH DER URKUNDEN HEISST ES: ›KINDESPFLICHT! SEI NUR GEHORSAM GEGEN DIE ELTERN, FREUNDSCHAFTLICH ZU DEN BRÜDERN, UND DU HAST TEIL AN POLITIK.‹ DAS ALSO IST AUCH POLITIK. WARUM GILT ALLEIN, WAS DU MEINST, FÜR POLITIK?[12]
Für Großes habe ich nicht getaugt, ich beschränke mich also auf Kleines, der Staat wollte mich nicht, ich nehme mich also der Familie an; nach diesem Muster läßt sich Konfuzius nicht deuten. Sein angebliches Nicht-Taugen für den Staat ist keine Ursache, warum er scheinbar unpolitisch, es ist eine Folge, weil er wirklich politisch war. In China nämlich hat Konfuzius, nicht anders als Aristoteles in Europa, einen klassischen Beitrag zur Begründung der Politik geleistet. Seine Lehrmeinung, entbehrt sie auch aller Systematik, ordnet doch Politik unmißverständlich der Ethik unter, so daß nicht-ethische (oder unmoralische) Politik ihrem Wesen nach Unpolitik, mithin gar keine Politik ist. Allein ein so strenger Begriff des Politischen, der auf sittliche Ziele oder Zwecke der Gesellschaft und des Einzelnen in ihr fixiert wird, gestattet auch, im Bereich der Familie »an Politik teilzuhaben«. Dies zu verneinen, hieße die philosophischen Gründe zu verkennen, aus denen Aristoteles den Menschen ein phýsei politikón zóon genannt hat.
»Hiernach ist denn klar, daß der Staat zu den Gebilden der Natur gehört und der Mensch von Natur ein auf die staatsbürgerliche Gemeinschaft angewiesenes Wesen /ist/ ... Auch das aber, warum der Mensch in weit höherem Maße als ... alle anderen herdenweise lebenden Tiere ein für die staatliche Gemeinschaft geborenes Wesen ist, liegt klar zu Tage, Denn nichts tut, wie wir behaupten, die Natur zwecklos. Nun hat aber Sprache der Mensch allein im Unterschiede von allen Tieren, und während demgemäß die bloße Stimme nur die Empfindung des Angenehmen und Unangenehmen auszudrücken vermag und daher auch den Tieren zukommt, weil bis dahin sich ihre Natur erhebt, Schmerz und Lust zu empfinden und von dieser Empfindung einander Zeichen zu geben, so ist dagegen die Sprache dazu bestimmt, das Nützliche und Schädliche deutlich kundzutun und mithin auch das Gerechte und Ungerechte; denn das ist eben dem Menschen eigentümlich im Gegensatz zu den Tieren, daß er allein von Gut und Böse, von Recht und Unrecht und allem, was dahin gehört, Empfindung hat. Die Gemeinschaft unter so gearteten Wesen ruft aber eben die Familie und den Staat ins Leben.«[13]
Ist mithin der Mensch (laut Aristoteles) das einzige einer Unterscheidung zwischen Gut und Böse, Gerecht und Ungerecht fähige Lebewesen; definiert ihn gerade diese Unterscheidungsfähigkeit - samt seinem Vermögen, sie sprachlich auszudrücken - als politikón zóon; dann erscheint in Konfuzius ein beispielhaft politischer Mensch, erscheinen in denjenigen seiner Gesprächspartner, die Politik allein von Staats- und Amts wegen betrieben, amoralische Unpolitiker. Solche, von denen der Meister sagte:
EIN ECKIGER BECHER OHNE ECKEN - EIN ECKIGER BECHER, O JA! EIN ECKIGER BECHER, O JA![14]
Ethik für die Begründung der Politik, Aristoteles für Konfuzius bemühen, das heißt Philosophie heranziehen. Die Frage stellt sich, ob chinesisch und griechisch in demselben Sinne, ob chinesisch überhaupt von Philosophie gesprochen werden darf; ob deren Gestalt seit Sokrates, Platon, Aristoteles, seit Descartes und Leibniz, seit Hume, Kant, Hegel nicht einzig und einzigartig eine abendländische ist; ob andere Gestalten, die asiatischen zumal, eigentlich den uns überkommenen Anspruch erfüllen, so daß wir, nennen wir sie Philosophie, keiner Äquivokation unterliegen; oder ob umgekehrt solchen Urteilen ein Vorurteil aus Ignoranz, Eurozentrismus, ja philosophischem Chauvinismus zugrunde liegt. Der Philosoph Georg Misch, dem Sinologen Arthur Waley in Sachen Metaphysik entgegnend, hat die beste Antwort gegeben. Er bestreitet nicht, was Waley hervorhebt, »daß der ursprüngliche Konfuzianismus ›nichts mit metaphysischen Ideen zu tun hatte‹« - falls richtig sei »unter ›Metaphysik‹ lediglich kosmologische oder naturphilosophische Spekulationen, oder ›abstrakte‹ Theorien über das Letztwirkliche« zu verstehen. Aber ist der »Begriff des großen geschichtlichen Phänomens ... ›Metaphysik‹« nicht weiter, fragt Misch, erlaubt er uns nicht, »auch von der metaphysischen Tiefe des menschlichen Lebens zu sprechen«?
»Diese tut sich der philosophischen Besinnung im sittlichen Bewußtsein der Person sowohl wie in den Lebensbeziehungen auf, die die menschliche Gesellschaft in Staat und Kultur zusammenhalten. In der europäischen Philosophie ist die Idee einer ›Metaphysik des Lebens‹ und der ›geistigen Welt‹, in der das menschliche Leben sich objektiviert, erst in der modernen Zeit hervorgetreten, seit der Epoche der Aufklärung, mit der das katholische Mittelalter endgültig endete. Damals stellte David Hume die Moral philosophy der seit dem Altertum vorherrschenden Natural philosophy gegenüber, und es begann die Entwicklung, die auf deutschem Boden zur Verbindung der Philosophie mit den Geisteswissenschaften und der in dieser Verbindung gegründeten geschichtlichen Philosophie des Lebens führte - eine Entwicklung, in der die christlich-religiöse Idee des ›Lebens‹ gleichsam säkularisiert wurde. In China, wo die Betrachtung des menschlichen, geschichtlichen und gesellschaftlichen Lebens von früh an in der Philosophie vorherrscht, gibt die Säkularisation der religiösen - nicht mystischen, sondern ethisch-politischen - Weltansicht und nicht die kosmologische Spekulation den Richtpunkt, auf den wir hinblicken müssen, um uns über den Anfang der Philosophie und ihren metaphysischen Charakter zu orientieren. Konfuzius’ Gespräche lassen uns, wenn wir sie in diesem Sinne befragen, nicht ganz ohne Antwort.«[15]
Georg Misch, während der Emigration, sechzig Jahre alt, Chinesisch lernend, ist eine rühmliche Ausnahme unter deutschen Philosophen, Die Zeiten eines Leibniz, dessen geistige Nähe zum »Buch der Wandlungen« immerhin die binäre Arithmetik provozierte, eines Christian Wolff, den seine Vorlesungen über Konfuzius (De Sinarum Philosophia Practica) in den Geruch des Atheismus brachten, so daß er 1721 des Königreichs Preußen verwiesen wurde - goldene Zeiten, und lange vorüber. Seit ihnen galt, gilt gar noch, Hegels schnödes Verdikt, die Chinesen deuteten Gedanken bloß an, aber »hernach geht’s in die Berge; mit dem Philosophieren ist es sogleich aus«.[16] Unsere Geschichtsschreiber ließen sich kommandieren, bis Paul Deussen kam; ihn hatte Schopenhauer schließlich der Wohlfahrt der Veden aufgeschlossen, der »Weihe uralter indischer Weisheit«.[17] China, da ebenfalls in Asien gelegen, war so ferne nicht. Daher vermehrte Deussen seine »Allgemeine Geschichte der Philosophie« von 1894-1908, die drei Bände mit beinah eineinhalb tausend Seiten den Indern vorbehielt, um einen Anhang von dreißig Seiten, betreffend »Einiges über die Philosophie der Chinesen«.[18] Dieses »Einige« ist quantitativ zwar vervielfacht worden, insbesondere durch Alfred Forkes »Geschichte der alten chinesischen Philosophie« von 1927[19], doch aller Respekt vor einem großen Sinologen darf niemanden hindern, seinen philosophischen Wissensstand für weniger groß, sogar für suspekt zu halten. Misch wiederum - Lehrer der Josef König, Bruno Snell, Helmuth Plessner - dilettierte chinesisch, und mochte er’s im goetheschen Verstande tun, ein Sinologe war er nicht. Das Desiderat eines philosophisch zureichenden Sinologen, eines sinologisch zureichenden Philosophen scheint bisher unerfüllt, ja vorläufig unerfüllbar. Konfuzius hätte die Antwort, was zu tun, freilich gewußt:
DER MEISTER SAGTE: LERNEN UND DARIN SICH BESTÄNDIG ÜBEN; IST DAS DENN KEINE FREUDE? DER MEISTER SAGTE: WER LERNT, ABER NICHT DENKT, IST VERLOREN; WER DENKT, ABER NICHT LERNT, IST GEFÄHRDET. DER MEISTER SAGTE: DASS EINER, DER ES GENAU NIMMT, FEHLER MACHT; IST SELTEN.[20]
Das wäre es denn: Konfuzius ein Nothelfer in Schwierigkeiten; einer, der das rechte Wort schon weiß; dessen »gesprächsweise geäußerten Worte« geflügelte heißen dürfen; Zitatenschatz, beliebig zu plündern; Perlen altchinesischer Lebensweisheit, sich um europäische Hälse zu hängen. Meister K’ung ist kein Moralist à la Rochefoucauld, Vauvenargues, Chamfort, Rivarol ... und hätte er in Aphorismen geredet, er könnte immer noch Nietzsche für sich anführen:
»Es sind Aphorismen. Sind es Aphorismen? - Mögen die, welche mir daraus einen Vorwarf machen, ein wenig nachdenken und dann sich vor sich selber entschuldigen. Ich brauche kein Wort für mich.«[21]
Der Fehler, ein schwerer dazu, wird gemacht, sobald wir es mit K’ung-fu-tzu nicht genau nehmen. Ehe wir seine Sätze, sozusagen, zum Zitieren freigeben, müssen wir uns der Prinzipien versichern, aus denen sie folgen, haben wir sie auf ihren Begriff zu bringen. Diesem experimentum crucis taugt zur Instanz die Moralphilosophie seit Hume und Kant, die Metaphysik des Lebens seit Dilthey und Misch. Ist K’ung einer ihresgleichen, werden sich Ähnlichkeiten herausstellen, die auf Verwandtschaft schließen lassen.
TZU-LU SAGTE: DER FÜRST VON WEI ERWARTET EUCH, DAMIT IHR REGIERT. WA.S WERDET IHR ZUERST TUN? DER MEISTER SAGTE: UNBEDINGT DIE NAMEN RICHTIGSTELLEN. TZU-LU SAGTE: GIBT ES DAS! IHR GREIFT FEHL. WOZU DEREN RICHTIGSTELLUNG? DER MEISTER SAGTE: WIE BÄURISCH, YU! EIN HERR IST DARIN, WAS ER NICHT WEISS; ACHTSAM. SIND DIE NAMEN NICHT RICHTIG, DANN STIMMEN DIE WORTE NICHT; STIMMEN DIE WORTE NICHT, DANN KOMMEN DIE HANDLUNGEN NICHT ZU ENDE; KOMMEN DIE HANDLUNGEN NICHT ZU ENDE, DANN GEDEIHEN RITEN UND MUSIK NICHT; GEDEIHEN RITEN UND MUSIK NICHT, DANN TREFFEN DIE STRAFEN NICHT; TREFFEN DIE STRAFEN NICHT, DANN WEISS DAS VOLK NICHT. WOHIN HAND UND FUSS SETZEN. DARUM OBLIEGT EINEM HERRN, DASS DIE NAMEN UNBEDINGT ZU WORTEN KOMMEN KÖNNEN, DIE WORTE UNBEDINGT ZU TATEN KOMMEN KÖNNEN. EINEM HERRN OBLIEGT, DASS AN SEINEN WORTEN NICHTS ACHTLOS IST. UND DAS IST ALLES.[22]
Die Passage ist lang, ist umstritten[23], ist schwierig; wir müssen sie Satz für Satz, Begriff für Begriff entschlüsseln.
TZU-LU SAGTE: DER FÜRST VON WEI ERWARTET EUCH, DAMIT IHR REGIERT. WAS WERDET IHR ZUERST TUN?
Angespielt wird auf 485/84 ante; ein, zwei Jahre, bevor Meister K’ung in seinen Heimatstaat Lu zurückkehrte, wollte er seine Ratschläge wieder einmal in Wei, das davon westlich lag, an den Mann, will sagen Fürsten bringen. (In moderner Geographie, ungefähr: Konfuzius wanderte im Nordosten Chinas, im Westen und Osten der Provinzgrenze zwischen Hopej und Honan.) Wei war sozial verkommen, politisch zerrüttet, moralisch verdorben - wahrhaftig eine Aufgabe für jemanden, der Politik als Beruf verstand. Aber selbst Schüler Tzu-lu, ein Vertrauter des Meisters und daher familiär Yu angeredet, kann bestenfalls die Frage stellen, die Antwort begreift er nicht.
WAS WERDET IHR ZUERST TUN? DER MEISTER SAGTE: UNBEDINGT DIE NAMEN RICHTIGSTELLEN. TZU-LU SAGTE: GIBT ES DAS! IHR GREIFT FEHL. WOZU DEREN RICHTIGSTELLUNG? DER MEISTER SAGTE: WIE BÄURISCH, YU!
»Richtigstellen« (chinesisch cheng) »die Namen« (chinesisch ming), Richtigstellung der Namen ... wäre das so dahingesagt worden, eine Redensart, Tzu-lu hätte nichts eingewendet. Daß einer der Meisterschüler stutzig wurde, sollte auch uns, nicht anders als Chinesen in alter[24] und neuer Zeit, stutzig machen. Immerhin hat Hu Shih, der spiritus rector der literarischen Reform von 1919, die China kulturell erneuerte, zwei Kapitel seiner Dissertation »The Development of the Logica Method in Ancient China«[25] dem sogenannten Problem des Konfuzius gewidmet, und dieses Problem läuft eben auf Richtigkeit und Richtigstellung der Namen hinaus. Das simple Wörtchen ming ernst nehmen; es heißt »Name« für einen Terminus der Logik, heißt, K’ung für einen Logiker, heißt, ihn sogar über Lebensphilosophie hinaus für einen Philosophen zu nehmen. Chinesisch ming ist nämlich zweideutig: bald meint es den persönlichen Namen (modern in ming-tzu), bald die Kennzeichnung oder Beschreibung (modern in ming-i); nur daraus erklärt sich, daß ming-hsüeh die »Lehre von den ming«, synonym für »Logik« steht. Unversehens geraten wir, vom Problem des Konfuzius ausgehend, an die Problematik heutiger, einer mathematischen, Logik der Beschreibungen. Ihre Theorie - je nach Nomenklatur eine der description bei Bertrand Russell oder der Kennzeichnung bei Rudolf Carnap - »wirft sehr schwierige philosophische Probleme auf, die noch nicht völlig geklärt werden konnten«; ein kompetentes Urteil von 1956.[26] Hinzugefügt sei, die Problematik weiter erschwerend, daß bereits Logiker wie Duns Scotus und John Stuart Mill, der eine aus scholastischem, der andere aus empiristischem Geist, sich um diese Theorie bemüht haben; ihre Termini, erst dem lateinischen Mittelalter geläufig, lauteten connotatum, »Mit-bezeichnetes«, und connotativus. »mit-bezeichnend«. Tatsächlich gibt das scheinbar harmlose Präfix »mit« die Kalamität jeder Logik an, zwischen dem, was ein Name nur-bezeichnet, und dem, was eine Beschreibung mit-bezeichnet, unterscheiden zu müssen. Eine neuere Darstellung der Logik klärt diesen Unterschied:
»Ein konnotativer, mitbezeichnender Ausdruck wie ›Mensch‹ bezeichnet einmal den Begriff des Menschen, aber auch ... die einzelnen Individuen, denen das Menschtum zukommt. ›Julius Cäsar‹ bezeichnet nicht in dieser Weise zweierlei, bezeichnet nur das Individuum, ist nicht konnotativ. Konnotativ kann aber auch noch ein Ausdruck sein, der seinem Begriffsinhalt nach nur für ein einziges Individuum gelten darf: ›Gegenwärtiger Präsident der Bundesrepublik Deutschland‹ ist konnotativ; ein Begriffsinhalt ist mitbezeichnet. ›Walter Scheel‹ ist nichtkonnotativ. ›Walter Scheel‹ meint ein Individuum als solches, ›gegenwärtiger Präsident der Bundesrepublik Deutschland‹ meint einen so spezialisierten Begriff, daß nur ein Individuum darunter fallen darf. Denselben Unterschied finden wir zwischen ›9‹ und ›Quadratzahl von 3‹ ... Der Eigenname bezeichnet das Individuum direkt, die konnotative Bezeichnung determiniert es durch den auf es allein beziehbaren generellen Begriff hindurch.«[27]
Mit ebensolchen Fragen - nach Namen, nach Beschreibungen - hatte es die (laut Hu Shih so zu nennende) konfuzianische Logik zu tun. Der zur Entschlüsselung anstehende Absatz, so hochberühmt wie tiefsinnig, aber Ruhm und Sinn, Höhe und Tiefe rational auszumessen statt unmeßbar irrational - er wäre ganz und gar sinnlos, falls ming, »Name«, die »Kon«notation ausschlösse. Was denn, mitbezeichnet, ist eingeschlossen, wenn der Meister sagt:
EIN HERR, DER MENSCHENWÜRDE AUFGIBT, WIESO FÜLLT ER SEINEN NAMEN AUS.[28]
Ein Begriffsinhalt sei mitbezeichnet, mit anderen Worten: das Individuum ist durch sein Genus determiniert. Russell nennt den Begriff (einer Art, einer Gattung) ein Universale, und nimmt so im Zusammenhang der Beschreibungen neuerdings den mittelalterlichen Universalienstreit auf: Ob die Allgemeinbegriffe ante res oder in rebus oder post res existieren; die Ideen Platons oder die Formen des Aristoteles oder die Namen Wilhelms von Occam; extremer oder gemäßigter Begriffsrealismus oder Nominalismus. Der Ausgang des Streits, den Russell wohl auf Seiten Wilhelms erfechten möchte, bleibe offen; freilich lockt metaphorisch nomen est omen, ein eher konfuzianisch-chinesischer als plautinisch-römischer Satz. Was denn, mitbezeichnet, ist eingeschlossen, wenn der Meister dem Herrn »seinen Namen« zuerkennt:
EIN HERR GIBT NICHT EINMAL FÜR DIE SPANNE EINES ESSENS DIE MENSCHENWÜRDE PREIS. IN ÜBERSTÜRZUNG WIRD ER ZU IHR STEHEN, IM UMSTURZ WIRD ER ZU IHR STEHEN.[29]
»Menschenwürde« gehört zu jenen Universalien, »die wir durch Beschreibung kennen«, nicht zu denen (etwa den Sinnesqualitäten weiß, süß, lau, hart ...), »die wir durch Bekanntschaft kennen«.[30] Zwar kennen wir den einen oder anderen Einzelfall, daß jemand, der für einen Herrn gilt, die Menschenwürde dennoch einbüßt - er mag unmäßig essen, unangemessen handeln -, doch scheint unser Wissen, woran ein Herr zu messen, nicht induktiv ableitbar, nicht intuitiv einsehbar, um es deduktiv aus unmittelbar bekannten Details zu verallgemeinern. Wir können und müssen uns mit der Beschreibung ethischer Qualitäten mittelbar begnügen; wir beurteilen jemanden als menschenwürdig, als gerecht, als gut oder böse nicht anhand dieses, jenes konkreten Singulare, sondern aufgrund abstrakter Universalia. Das sokratische, von Platon systematisierte Problem ist abendländisch kein anderes als chinesisch das konfuzianische:
Teilhabe gerechter Handlungen an der Idee (besser: dem Universale) der Gerechtigkeit. Mit Sätzen von Bertrand Russell:
»Wenn wir uns fragen, was Gerechtigkeit ist, so ist es naturgemäß, diese, jene und noch eine gerechte Handlung zu betrachten mit der Absicht, zu entdecken, was sie gemeinsam haben. Sie müssen alle in gewissem Sinne an einer gemeinsamen Natur teilhaben, die in allem, was gerecht ist, zu finden ist und nur darin. Diese gemeinsame Natur, kraft deren sie alle gerecht sind, wird die Gerechtigkeit selber sein, die reine Wesenheit, die, indem sie Geschehnissen des gewöhnlichen Lebens beigemischt wird, die Mannigfaltigkeit gerechter Handlungen hervorbringt ... Die ›Idee‹ Gerechtigkeit ist nicht identisch mit irgend etwas, was gerecht ist: sie ist etwas anderes als Einzeldinge, vielmehr etwas, woran Einzeldinge teilhaben. Da sie kein Einzelding ist, kann sie selbst nicht in der Sinnenwelt existieren ... Alles, was uns sinnlich gegeben ist oder von derselben Art ist wie etwas sinnlich Gegebenes, nennen wir etwas Konkretes; im Gegensatz dazu wird ein Universale alles das sein, woran viele konkrete Dinge Anteil haben können und was von jener Wesensart ist, die, wie wir sahen, Gerechtigkeit ... von gerechten Handlungen ... unterscheidet.«[31]
In China wie in Hellas, und beidemal am Ursprung der Philosophie, werden nicht Probleme einer kasuistischen Tugendlehre verhandelt, vielmehr solche (wie Aristoteliker sagen würden) einer materialen Wertethik; sie sind zugleich, der »Kon«notation wegen, Probleme der Logik. Wenn der Sinologe Forke 1927 eingesteht[32], »bis vor kurzem wußte man überhaupt nicht, daß die Chinesen je so etwas wie eine Logik besessen hätten«, erweckt er den Anschein, inzwischen wüßten wir es immerhin. Aber 1977, ein halbes Jahrhundert danach, sind Forkes Zunftgenossen weiterhin der Meinung: Das Interesse der Chinesen »für logische Probleme muß sehr bald erloschen sein, denn die später herrschenden Philosophenschulen ... führten die begonnenen Untersuchungen nicht weiter« - als hätten Konfuzianer wie Hsün-tzu die Fragen nicht intensiviert, hätten Anti-Konfuzianer wie Mo Ti die Antworten nicht expliziert. Einem Hu Shih, der zweifellos angefangen hat, Logischem bei Konfuzius sein logisch Teil zu geben, wird nachgesagt, er lege »in die alten Texte ... doch wohl mehr hinein, als wirklich darin liegt«; von einer Theorie der Beschreibungen, ohne die Meister K’ung selber unbeschrieben bliebe, hat keiner gehört. Vorurteilen über Theorie und Praxis folgend, wird abgeurteilt; Sinologen wie Forke führen das Wort.
»Irgendein rein theoretisches Interesse daran, die Regeln kennen zu lernen, wonach sich der menschliche Denkprozeß vollzieht, hatte man nicht, man wollte nur lernen, richtig zu denken, Denkfehler vermeiden, sie dem Gegner beim Disputieren nachweisen und ihn dadurch überwinden und namentlich für die Verwaltung des Staates und die Gesetzgebung eine sichere Handhabe gewinnen. Die chinesische Logik ist daher fast immer mit ethischen, staatsphilosophischen und juristischen[33] Erwägungen verknüpft, und ihr Zweck wird dementsprechend normiert. K’ung-tzu ist der Meinung, daß die Richtigstellung der Bezeichnungen für eine gute Regierung unerläßlich sei. Die Staatsmoral muß logisch begründet sein, und Worte und Taten müssen zueinander stimmen. Die Dinge müssen mit den richtigen Namen genannt werden, ein Fürst muß als Fürst, ein Vater als Vater, ein Sohn als Sohn bezeichnet und dementsprechend behandelt werden und selbst so handeln, wie es die Pflichten der Klasse, der er zugehört, erheischen[34]. Die Unrichtigkeit der Bezeichnungen soll zu den schlimmsten Folgen im Staate führen.«
SIND DIE NAMEN NICHT RICHTIG, DANN STIMMEN DIE WORTE NICHT; STIMMEN DIE WORTE NICHT, DANN KOMMEN DIE HANDLUNGEN NICHT ZU ENDE; KOMMEN DIE HANDLUNGEN NICHT ZU ENDE, DANN GEDEIHEN RITEN UND MUSIK NICHT; GEDEIHEN RITEN UND MUSIK NICHT, DANN TREFFEN DIE STRAFEN NICHT; TREFFEN DIE STRAFEN NICHT, DANN WEISS DAS VOLK NICHT, WOHIN HAND UND FUSS SETZEN.
»Die alten weisen Könige sollen zuerst den Dingen Namen gegeben haben. Dadurch wurde es möglich, das Wahre zu erkennen und die verschiedenen Wahrheiten auseinanderzuhalten. Das Volk hatte sich danach zu richten. Niemandem stand das Recht zu, neue Namen zu erfinden oder die bestehenden zu verwirren. Nur die späteren Herrscher konnten die Bezeichnungen richtigstellen. Sie mußten richtige Begriffe haben, danach die Dinge mit Hilfe der vorhandenen Worte richtig benennen und in Übereinstimmung mit ihrem Begriff und ihrem Wesen handeln. Ein Herrscher muß durch Prüfung der Namen die Wahrheit erforschen, ehe er Gesetze erläßt, die seine Beamten von ihm empfangen. Um Recht zu sprechen, muß er zunächst die Begriffe gut und böse unterscheiden können, denn nur so vermag er zu erkennen, wer Lob und wer Bestrafung verdient. - Wenn die Namen richtig gegeben werden, so geraten die Dinge nicht in Streit. Sind sie dagegen falsch definiert, so entsteht daraus eine allgemeine Verwirrung ...«[35]
Facit oder das macht: Daß die Namen »an sich« feststehen, aber kein jenseitiger Gott, kein Himmel sie erfunden hat, vielmehr Könige, legendäre Zivilisatoren des Diesseits sie verbürgen; daß die Namen im Gewahrsam von Herrschern bleiben, solange deren Gerechtsame dauert; daß allenfalls solche, die Politikberatung berufen treiben, aus zivilisatorisch zu verantwortenden Prinzipien, auch zur Rektifizierung der Namen berufen sind, eher Restauratoren denn Reformer; daß also Gut und Böse, semantisch wie syntaktisch, auf keinen Fall habermasisch »herrschaftsfrei«[36] zu bereden, zu behandeln sind. Freilich, das revolutionäre Flackern der Assoziationen und Emotionen zu dämpfen, Herrschaftssprache, obschon ein Ausfluß von Gewaltherrschaft, ist keine Sprache der Willkür; »Goggelmoggel« oder Wortvampire, wie Lewis Carroll (alias Charles Dodgson, und er ein Logiker, ein mathematischer dazu) einen fabuliert hat, hatten jedenfalls konfuzianisch nichts zu sagen.
»Ich verstehe nicht, was Sie mit ›Glocke‹ meinen, sagte Alice.
Goggelmoggel lächelte verächtlich. Wie solltest du auch - ich muß es dir doch zuerst sagen. Ich meinte: Wenn das kein einmalig schlagender Beweis ist!
Aber ›Glocke‹ heißt doch gar nicht ein ›einmalig schlagender Beweis‹, wandte Alice ein.
Wenn ich ein Wort gebrauche, sagte Goggelmoggel, in recht hochnäsigem Ton, dann heißt es genau, was ich für richtig halte - nicht mehr und nicht weniger.
Es fragt sich nur, sagte Alice, ob man Wörter einfach etwas anderes heißen lassen kann.
Es fragt sich nur, sagte Goggelmoggel, wer der Stärkere ist, weiter nichts.«[37]
Die Frage nach einem »Recht« des Stärkeren, des Rechtsbrechers qua Wortbrüchigen, bedrängt Konfuzius ebenso wie Sokrates. Zumindest an zwei Orten der Welt, im Südosten Europas und im Nordosten Asiens, ist beinah gleichzeitig der Willkür gewehrt worden, die Richtigkeit der Namen, die Wahrheit der Worte, den Zweck von Handlungen, den Sinn von Traditionen, Recht und Unrecht, Führung zum Guten und Verführung zum Schlechten beliebig zu manipulieren; Konfuzius starb 479, neun Jahre, ehe Sokrates 470 geboren wurde, als wäre dieselbe Seele gewandert, als hätte dieselbe Frage sich fortgeerbt. Freilich scheinen die Antworten die Losungen auf so Verschiedenes hinauszukommen, wie jeweils die Gesellschaften, denen sie zu finden, verschieden waren. Sagte Meister K’ung nicht: Ein Herr, zum Beispiel, bewahre die Menschenwürde unter allen Umständen; ein Herr, zum Beispiel, sei unter besonderen Umständen auch besonders achtsam; ein Herr, und dieses nicht allein zum Beispiel, tauge zu Worten und Taten in seinem Namen bloß, sofern sein Name die Worte und Taten richtig sein lasse? Und schrieb Alfred Forke nicht daraufhin, ein Fürst müsse als Fürst - er hätte auch schreiben können: Ein Herr müsse als Herr - bezeichnet und behandelt werden, und er müsse »selbst so handeln, wie es die Pflichten der Klasse, der er zugehört, erheischen«? Halten wir das Wort Klasse im Gedächtnis, wenn wir Konfuzius zuhören.
DER MEISTER SAGTE: EIN HERR IST UNVOREINGENOMMEN UND NICHT EINSEITIG, EIN GERINGER IST EINSEITIG UND NICHT UNVOREINGENOMMEN. DER MEISTER SAGTE: EINEM HERRN LIEGT DAS MORALISCHE, EINEM GERINGEN DAS IRDISCHE AM HERZEN; EINEM HERRN LIEGT BESTRAFUNG, EINEM GERINGEN BEGÜNSTIGUNG AM HERZEN. DER MEISTER SAGTE: EIN HERR GIBT BEISPIELE ZUM ÖFFENTLICHEN WOHL, EIN GERINGER GIBT BEISPIELE ZUM PRIVATEN NUTZEN.[38]
Nicht zu leugnen, Konfuzius setzt zwei Klassen einander entgegen: eine der Herren, eine der Geringen; alle Beschönigung - er habe die Tugend des Herrn zunehmend beim Geringen gefunden, habe eher auf Erziehungs- denn auf Standesadel gepocht - hilft darüber nicht fort. Gäbe es irgendeinen Zweifel, er würde sozusagen am Probierstein der Wahrheit zu nichte, daß Logik eine, buchstäblich, »fürstliche« Sache war. (Mit diesem Privileg hat allererst Mo Ti, eine Generation später, Schluß gemacht; fortan war jedermann erlaubt, »das Verhältnis der Worte zur Wirklichkeit« zu untersuchen, »durch Namen die Wirklichkeit zu erfassen«.[39] Wir kommen nicht umhin, die konfuzianische Logik im doppelten zweideutigen Sinne des Terminus eine Klassenlogik zu nennen: Logik, die Begriffe klassifiziert, zugleich Logik, die eine Klassenlage zum Begriff bringt (weshalb sie irgendwann - in Griechenland seit den Schülern der Stoa, in China seit den Schülern des Mo Ti - zur Gesellschaft in Widerspruch gerät und fortan sich »wertfrei« (sit venia verbo!) entwickelt[40]. Meister K’ung aber, wie erinnerlich, autoós epha:
EIN HERR IST DARIN, WAS ,ER NICHT WEISS, ACHTSAM ... DARUM OBLIEGT EINEM HERRN, DASS DIE NAMEN UNBEDINGT ZU WORTEN KOMMEN KÖNNEN, DIE WORTE UNBEDINGT ZU TATEN KOMMEN KÖNNEN. EINEM HERRN OBLIEGT, DASS AN SEINEN WORTEN NICHTS ACHTLOS IST. UND DAS IST ALLES.
Solch lapidarer Abfertigung all jener, die keine Herren sind, begegneten Griechen bei Platon nicht, bei Sokrates erst recht nicht. Gleichwohl täuschten wir uns, wollten wir einer Gesellschaft, wo sogar Philosophie, ob Ethik oder Logik, zu Markte getragen, nämlich den »Geringen« vorgetragen wurde, so einfach das Herrentum absprechen. Die berühmten Fragen, die Chinas Volksrepublik neuerdings beunruhigen, ließen sich analog auch an Athens Demokratie richten: Ob Sokrates »ein Erzieher des ganzen Volkes«, ob Platon nicht »ein hartnäckig die Gesellschaftsordnung der Sklaverei verfechtender Denker«[41] war, und die Politeia, wie Ernst Bloch unterstellt[42], »das Paradox einer Utopie der herrschenden Klasse«. Doch könnte uns chinesisch dasselbe begegnen, was Werner Jäger griechisch entdeckte: Wir waren ausgegangen - er mit Platon, wir mit Konfuzius -, »den Staat zu suchen, und fanden statt seiner den Menschen«[43]. Dieser Mensch heißt zunächst ein Herr, in der Sprache des Meisters ein chün-tzu, ein so lange vernebelter, einnebelnder Titel, als Sinologie keinen genaueren Anhalt gibt, welche soziale Grenze, aber auch politische Spannung der Begriff markiert.
»So fällt auf, daß /Konfuzius/ nicht nur - obgleich überwiegend - den Ausdruck chün-tzu gebraucht, sondern zudem auch die Variante chün. Ein Rekurs auf ältere Texte zeigt die Unterschiede: chün ... diente im allgemeinen zur Bezeichnung des regierenden Fürsten, während chün-tzu für die Söhne des Fürsten reserviert war ... Darüber hinaus wurden beide Ausdrücke, vor allem aber chün-tzu, zur Bezeichnung von Angehörigen des Adels verwendet ... Die sozialen und soziologischen Obertöne, die in den alten Texten mitschwingen, sind /bei Konfuzius/ stark abgeschwächt, ritterliche Tätigkeiten wie Bogenschießen, Wagenlenken und Strategie, die zu der standesgemäßen Erziehung der Adligen jener Zeit gehörten, haben an Bedeutung verloren und werden beinahe geringschätzzig behandelt. Kurzum - es is nicht mehr ausschließlich die adlige Herkunft, die jemanden zum chün-tzu macht, sondern die adlige Gesinnung und das edle Verhalten, durch das sie zum Ausdruck gebracht wird.«[44]
So weit, so gut; die Malaise beginnt erst. Denn darin stimmen sie alle überein - Sinologen wie Arthur Waley, Chinesen wie Lin Yu-tang, Soziologen wie Max Weber[45] -, daß Konfuzius die Ideale eines gentleman vertreten und verlangt hat. Ob Chevalerie und Galanterie, welche Untertöne den Ausdruck falsch begleiten, bis »gentlemanlike« im Snob akkordiert, gemeint sind? Zu Anfang des 19. Jahrhunderts hat unser Pädagoge und Wörterbuchmacher Joachim Heinrich Campe gewissermaßen Konfuzisches getroffen, als er »ein feiner Mann, ein Mann von Erziehung« umschrieb. Zu Anfang des 18. aber ist eindeutschender Sprachgebrauch noch mitteilenswerter: »... die sich als ein Gentleman aufführen können, ob sie schon der Kaufmannschaft, Künsten und Handwerken zugetan sind.«[46] Obschon sie ... Konfuzius hätte dies Bedenken unterstrichen, lag doch eine Neigung zum Kaufmännischen, allgemeiner zum Ökonomischen, die Max Weber dem Konfuzianismus so überzeugend nachsagt, dem Meister selber fern. Ein Gentleman entstammt englisch der gentry, dem niederen Landadel; den chün-tzu zum Gentleman zu erklären, der Ausdruck ernstgenommen, verbringt uns in historische Haft, verstrickt Historiker ins Dilemma, das China der Chou-Dynastie (zu dessen Endzeit der Meister auftrat) einem Wortfetisch zuliebe nicht länger dem Feudalismus von Fürsten, was richtig wäre, einzuordnen. Die Gentry der Großgrundbesitzer nämlich, die Land und Leute nicht länger zu Lehen nehmen, sondern kaufen und verkaufen, dingen und verdingen, entstand erst zwei, drei Jahrhunderte später. Konfuzius hat deren Herkommen und Aufkommen womöglich geahnt, die Zeiten standen ja auf Sturm; daß »sein« chün-tzu jedoch die Ideale der neuen Klasse vorweg entworfen, ihrer Produktion weise vorweg angemessen hätte, so viel Progressivität wäre dem Meister nicht einmal von K’ung-Verdächtigen wie Lin Piao zugebilligt worden. Was immer das volksrepublikanische p’i Lin p’i K’ung (die »Kritik an Lin Piao, Kritik an Konfuzius«) auszustellen hatte, der »gentleman«-Vorwurf wurde, weil ökonomisch widersinnig, nicht erhoben. Das tradierte Mißverständnis erhellt indessen, was der Meister gelehrt, was er nicht gelehrt hat. So folge einer klassischen Übersetzung eine klassische Auslegung.
THE MASTER SAID: A GENTLEMAN IS NOT AN IMPLEMENT.[47]
»Der grundlegende Satz ... bedeutete: er war Selbstzweck, und nicht, wie das Werkzeug, nur Mittel zu einem spezifizierten nützlichen Gebrauch. Im geraden Gegensatz gegen das sozial orientierte platonische Ideal, welches, auf dem Boden der Polis geschaffen, von der Überzeugung ausging: daß der Mensch nur, indem er in einer Sache Tüchtiges leiste, zu seiner Bestimmung gelangen könne, und in noch weit stärkerer Spannung zum Berufsbegriff des asketischen Protestantismus stand hier das ständische Vornehmheitsideal des allseitig gebildeten konfuzianischen ›Gentleman‹ ... Diese, auf Allseitigkeit ruhende ›Tugend‹, d.h. die Selbstvollendung, war mehr als der nur durch Vereinseitigung zu gewinnende Reichtum. Man konnte in der Welt nichts ausrichten, auch in der einflußreichsten Stellung nicht, ohne die aus Bildung entspringende Tugend. Aber freilich auch umgekehrt nichts mit noch so viel Tugend ohne einflußreiche Stellung. Diese, und nicht Erwerb, sucht daher der ›höhere‹ Mensch.«[48]
DER MEISTER SAGTE: EIN HERR IST KEIN Werkzeug.[49]
Die klassische Übersetzung ist von Arthur Waley, die klassische Auslegung von Max Weber; der Sinologe steht dem Soziologen an Autorität nicht nach. Wie merkwürdig, daß beide nur aufnehmen, geradezu hinnehmen, ohne ihr Wissen ins Gegenspiel zu bringen; denn chün-tzu als »Genleman« findet sich bereits 1895 in einer deutschen Darstellung des Konfuzius[50], die Weber beifällig zitiert, die Waley kaum unbekannt war. Beim Versuch, uns davon zu lösen, stoßen wir 1879 auf Pater Zottoli und das lateinische »sapiens«[51], ein Jahrzehnt zuvor auf James Legge und das englische »accomplished scholar«[52] - auf Übersetzungen also, die Teilaspekte decken, das Weise-sein oder das Gelernt-haben, während unser »Herr« zumindest die feudale Bedingung der chinesischen Möglichkeit anklingen läßt, weshalb und wozu einer so etwas geworden ist oder getan hat. Mit eigentümlichem Instinkt für Konfuzius, man könnte von der Anmaßung des pseudo-sozialen Herrn sprechen, hat allererst Ezra Pound - seine faschistischen Irrungen im Käfig zu Pisa abbüßend, indem er des Meisters gesprächsweise geäußerten Worte in Umgangssprache, zu weilen in Slang brachte - den Nerv des Begriffs freigelegt.
/HE SAID:/ THE PROPER MAN IS NOT A DISH.[53]
Ein kleines Lexikon taugt zur Belehrung, daß proper normaliter »eigen, eigentlich, passend« bedeutet, daß es familiär aber für »richtig, gehörig, genau« steht. (Wobei der Sprachwitz in proper die »Eigentümlichkeit« und das »Eigentum« zusammenzieht.) K’ung spricht zu Schülern, mit denen er vertraut, ja vertraulich umgeht, Pound nimmt stilistisch die Familiarität des Umgangstones auf: proper im Sinne von »richtig«. Assoziationen sind geweckt: an Worte, an Riten und Musik, an Strafen; dies Ganze, ein logisch ableitbares, ethisch begründbares, politisch vertretbares Gefüge hängt an Namen (Beschreibungen) und daran, daß Namen (Beschreibungen) richtig sind. Man könnte »frei« assoziieren, der Frage sich überlassend, was einem Schüler des Konfuzius zum chün-tzu einfällt. (Wir haben genug an einigen Sätzen des Meisters, in denen Pound ein »proper man« bevorzugt[54], und hören beim deutschen »Herrn« dessen richtige, ja richterliche Stellung mit.)
TZU-KUNG FRAGTE: WAS MACHT EINEN HERRN? DER MEISTER SAGTE: ERST HANDELN UND DANACH REDEN; FOLGERICHTIG. DER MEISTER SAGTE: EIN HERR HAT KEINEN STREIT, ER MÜSSE DENN BOGEN SCHIESSEN. DA VERNEIGT ER SICH, TRITT ZURÜCK UND STEIGT ERST DANN HINAUF, DA GEHT ER HINAB UND TRINKT ERST DANN. SOGAR, WENN ER STREITET, IST ER EIN HERR. DER MEISTER SAGTE: EIN HERR, WELTLÄUFIG, HAT WEDER ABNEIGUNGEN NOCH ZUNEIGUNGEN. AUF SEITEN DES RECHTEN NIMMT ER ANTEIL. DER MEISTER SAGTE: EIN HERR WIRD LANGSAM IM REDEN, RÜHRIG IM HANDELN SEIN. DER MEISTER SAGTE; EIN HERR, DER GRÜNDLICH BESCHEID WEISS IM SCHRIFTTUM, DER SICH BESCHRÄNKT AUF DIE RITEN, IHM MAG AUCH WIDERSTREBEN, ZU REVOLTIEREN.[55]
Der »Herr« dieser Sätze ist einer, dessen Sein und Heißen übereinstimmen[56], sogar einer, der seinen Namen selber berichtigen kann. Anders wäre kaum möglich, daß seinem Handeln zu gehorchen, ehe seine Rede zu hören; daß seinem Sinn für Anstand ein Aufstand zum Unsinn wird; daß seine Verneigung, wohltuend und wohlgetan, keinerlei Neigung verrät, sondern recte und rite erfolgt. Was Herrentum heißt, ist Herrschaft, sich zu Herren bilden, meint, sich zu Herrschern bilden; die chün-tzu sind nicht irgendwelche, sondern die politischen Wesen. Marcel Granet unter Frankreichs Sinologen als Schüler von Durkheim der Soziologe, intendiert dasselbe, wenn er ihnen das Tao vorhält, ihren normativen Weg, zu gehen und voranzugehen: »Als einziges Prinzip allen Gelingens ist für sie das Tao nicht zu unterscheiden von der Kunst des Regierens.«[57] Zum Regieren, denn wozu sonst, erzieht ein chün-tzu sich selber, wird er dazu nicht erzogen; damit er regieren könne, Konfuzius das beste Beispiel der eigenen Lehre, muß er lernen.
TZU-KUNG FRAGTE: WARUM NENNT MAN K’UNG WEN TZU EINEN MANN VON KULTUR? DER MEISTER SAGTE: ER WAR GESCHEIT, LIEBTE DAS LERNEN UND GENIERTE SICH KEINER FRAGE AN UNTERGEBENE. DARUM NENNT MAN IHN EINEN MANN VON KULTUR.[58]
K’ung Wen Tzu, dem ein Schüler des Meisters nachfragt, ein Meisterschüler gar, war Minister des Staates Wei; er starb um 480, etwa gleichzeitig mit Konfuzius. Ihn einen Mann von Kultur zu nennen, einen expolitus[59], besagt, er sei an Bildung eine Zierde gewesen. Daß ausgerechnet Max-Weber, unter Deutschlands Soziologen ein Leibniz an China-Nähe, diese Bildung als eine allseitige; jedweder Einseitigkeit ferne und feindliche mißverstand, sie überdies ausspielte »gegen das sozial orientierte platonische Ideal« der Tüchtigkeit in einer Sache, wohingegen das konfuzische geboten habe, in allen Sachen tüchtig sich zu verwirklichen, in allen Sätteln gerecht zu sein - dies hat schlechte Schule gehabt, noch schlechtere gemacht. Der Edle, der höhere Mensch, der Vollkommene ... wie immer die Titel lauten, Bildung um ihrer selbst willen zu preisen, Meister K’ung diskreditieren sie. Wir können ihm nur abgewinnen, wessen er selber nie verlustig gehen wollte: Politik; wir müssen seine Begriffe, und muteten sie griechisch oder christlich an, chinesisch begreifen; wir dürfen einen Moralkodex für Regierende seiner Zeit nicht für ein Sittengesetz halten, das jedermann, allezeit und allerorten, verpflichtet. Mit einem Satz: Konfuzius ist neu zu lesen; zum Beispiel, mit Peter Opitz, vorläufig so:
EIN HERR, DER jen, AUFGIBT, WIESO FÜLLT ER SEINEN NAMEN AUS?[60]
»[Richard] Wilhelm übersetzt jen mit ›Sittlichkeit‹ und ›Menschenliebe‹, [Alfred] Forke gelegentlich ein wenig pauschal mit ›Tugend‹, [James] Legge in Anlehnung an den die Bedeutung sehr gut treffenden lateinischen Ausdruck benevolentia mit ›benevolence‹. Da das Zeichen aus den beiden Bestandteilen ›Mensch‹ und ›zwei‹ zusammengesetzt ist, äußerten einige chinesische Kommentatoren die Vermutung, jen weise offensichtlich auf das Verhältnis hin, das zwischen zwei Menschen herrschen soll. Es ist fraglich, ob diese Vermutung einer etymologischen Untersuchung standhält, ohne Zweifel veranschaulicht sie jedoch recht gut die Bedeutung, die dieser Ausdruck bei Konfuzius besitzt.«
EIN HERR, DER HUMANITÄT AUFGIBT, WIESO FÜLLT ER SEINEN NAMEN AUS?
»... um diese Vorstellung auch in der deutschen Übersetzung anklingen zu lassen, wählten wir den Ausdruck ›Humanität‹, auf den schon [Stanislas] Julien aufmerksam machte, als er jen mit humanitas übersetzte. Einige der Reflexionen über die Humanität bringen die einzelnen Elemente, die diesem Begriff impliziert sind, zu weiterer Klarheit. Auf die Bitte, das Wesen der Humanität zu definieren, antwortet Konfuzius, Humanität bestehe darin, ›die Menschen zu lieben‹.[61] Diese Erklärung, die zweifellos zur Übersetzung ›Menschenliebe‹ inspirierte, bedarf jedoch einiger Erläuterung. Denn aus dem Zusammenhang gerissen und isoliert interpretiert, erweckt sie allzu leicht Assoziationen, die in die Nähe der christlichen Konzeption der Nächstenliebe führen. Wie wenig jen jedoch mit dieser gemein hat, zeigt eine kurze Bemerkung, in der Konfuzius rät ...«:
JUNGE LEUTE SOLLEN ... IHRE LIEBE JEDERMANN MITTEILEN, DOCH HUMANITÄT ACHTEN.[62]
»Die Bedeutung dieses Gebots und seine praktische Anwendung kommt noch deutlicher in einem Dialog zum Ausdruck, in dem Konfuzius auf die Frage eingeht, ob Unrecht durch Tugend zu vergelten sei.«
DER MEISTER SAGTE: WOMIT VERGILT MAN TUGEND? MIT RECHT VERGILT MAN UNRECHT, MIT TUGEND VERGILT MAN TUGEND.[63]
»Diese Unterscheidung von Gerechtigkeit und Tugend innerhalb des Begriffs ›Humanität‹ lenkt die Aufmerksamkeit wieder auf die Tatsache, daß der chün-tzu, dessen konstitutive Tugend Konfuzius hier beschreibt, vor allem dazu befähigt sein soll, einen Staat zu regieren. Das Ingrediens der ›Menschenliebe‹ (ai en), das Konfuzius dem Degriff jen beimischt, ist darum nicht so kräftig, daß die Humanität zu einer apolitischen Tugend wird.[64] Sie ähnelt daher weniger der christlichen Nächstenliebe - indem sie den chün-tzu dazu auffordert, alle Menschen zu lieben, ihn aber verpflichtet, sie nicht unterschiedslos zu behandeln, sondern so, wie sie es auf Grund ihres Verhaltens verdienen, bildet sie eher ein Amalgam aus distributiver Gerechtigkeit und freundschaftlicher Zuneigung im Sinne der aristotelischen Existentialtugenden dikaiosýne und philía.«[65]
Solche Auffassung ist die gegenwärtig zwar herrschende, auch Arthur Waley vertritt sie, aber einen politischen Konfuzius, und es gibt keinen sonst, präsentiert sie halben Herzens. Die Berufung auf Aristoteles, obwohl sie verkürzt, gar verfälscht, hilft dennoch weiter, Lassen wir die philía, die affektive Zuneigung, einmal beiseite; als eine der Tugenden des Temperaments schließt Meister K’ung sie gerade vom Wesen des chün-tzu aus. Diesen definiert hingegen die dikaiosýne, freilich ist zu fragen: Welche? Aristoteles unterscheidet zwischen »austeilender« und »ausgleichender« Gerechtigkeit, bei der einen handelt es sich »um die Verteilung bürgerlicher Vorteile und gemeinsamen Besitzes an die Einzelnen«, bei der anderen »um die Aufhebung und Verhinderung von Rechtsverletzungen«, und der Philosophiehistoriker fügt hinzu: »Wir würden genauer sagen: je nachdem es sich um das öffentliche oder das Privatrecht handelt.«[66] Einen analogen Unterschied kennt Konfuzius nicht; wohl würde er, wie Aristoteles, »ein Rechtsverhältnis im vollen Sinn ... nur unter Gleichen und Freien«[67] bejahen, indessen würde er eine Differenzierung in politisches Recht einerseits, in väterliches und häusliches andererseits verneinen. Seine Tugend der Gerechtigkeit ist ungeschieden politisch, nämlich eine von Herren, damit sie gerecht herrschen. Und jene Affektivität, ob eine der Liebe oder der Freundschaft, hat wenig mit allgemeiner Philanthropie zu schaffen; diese verkündet, zusammen mit herrschaftsfreier Logik, erst Mo Ti.
DER MEISTER SAGTE: FREUNDSCHAFT NUR ZU SEINESGLEICHEN.[68]
Nach jen war gefragt. Das chinesische Emblem, ließen wir uns sagen, schreibe die Zeichen für »Mensch« und »zwei« zusammen, und das Verhältnis zwischen zwei Menschen veranschauliche »recht gut die Bedeutung, die dieser Ausdruck bei Konfuzius besitzt«, weshalb jen passabel mit »Humanität« zu übersetzen sei. Nun, lateinisch humanitas meint primär den Menschen als Menschen (im Gegensatz zu allem, was seinesgleichen nicht ist); Menschlichkeit im Sinne von »Menschenfreundlichkeit« oder »Güte« setzt bereits eine Meinung, sogar eine Lehrmeinung voraus, wes Geistes der Mensch zu sein habe. Daß Humanität »des Menschen edle Bildung zur Vernunft und Freiheit« in sich schlösse - »... denn der Mensch hat kein edleres Wort für seine Bestimmung als Er selbst ist« -, diese moderne Lesart hat Herder uns beigebracht. Und was hätte das mit Konfuzius zu tun? Allerhöchst eine Aquivokation in sinologischen, nicht einmal chinesischen Büchern. Wenn irgendein Wort der abendländischen Kultur, der europäischen Sprachen für Bedeutungsfeld und Sinnbezirk von jen nicht taugt, dann »Humanität, humanité, humanity«. Dabei brauchten wir bloß K’ung-fu-tzu aufzuschlagen, und wir fänden, was ihm den Menschen zu einem Menschen macht.
DER MEISTER SAGTE: WIRKLICH MENSCH SEIN UNTER NACHBARN IST SCHÖN. DER MEISTER SAGTE: WER NICHT WIRKLICH MENSCH IST, KANN NICHT DAUERND FÄHRNIS ERTRAGEN, KANN NICHT LANGE WOHLFAHRT ERTRAGEN. DER MEISTER SAGTE: EINZIG, WER WIRKLICH MENSCH IST, KANN ANDERE LIEBEN, KANN ANDERE HASSEN. DER MEISTER SAGTE: WENN DER WILLE DARAUF GEHT, WIRKLICH MENSCH ZU SEIN, GIBT ES BÖSES NICHT. DER MEISTER SAGTE: EIN MENSCH VERFEHLT SICH, JEDERMANN, GEBÜHREND SEINER GESELLSCHAFT. BEOBACHTE VERFEHLUNGEN, ALSBALD WEISST DU, WER WIRKLICH EIN MENSCH IST. FAN CH’IH FRAGTE, ... WAS MENSCHLICHKEIT SEI. /DER MEISTER/ SAGTE: WER SICH ALS MENSCH BENIMMT, HAT ERST DIE LAST UND DANN DEN LOHN; DAS KANN MAN MENSCHLICH NENNEN. DER MEISTER SAGTE: EIN MENSCH, INDES NICHT MENSCHLICH, WIESO HAT ER RITEN? [EIN MENSCH, INDES NICHT MENSCHLICH, WlESO HAT ER MUSIK?][69]
Das hebt wahrhaft edel an, unsere Klassiker hätten ihre Freude gehabt das Land der Chinesen nunmehr mit der Seele suchend ..., wären da nicht einige Flecken, das schöne Bild aufgeklärter Humanität zu schwärzen. Mitzulieben ist er da, wohlan! wie denn? auch mitzuhassen. Die Verkehrung des Satzes, den Sophokles seine Antigone sprechen läßt, sie indiziert unüberhörbar, daß »wirklich Mensch zu sein« dort und damals toto coelo allem Humanitären hier und jemals entgegen ist; in einem doch machen Grieche und Chinese, beidemal ihr Staatstheater begleitend, dieselbe Rechnung auf, und unter dem Strich steht, negativ oder positiv, was für die Staatsräson herauskommt. Im Staate gilt, »wer seines Landes Satzung ehrt«[70]; .ein Vers, so chinesisch wie griechisch richtig. Antigone und Kreon zerbrechen beide, »ihrem konkreten Dasein nach« (wie Hegel bemerkt[71]), weil »sie an sich selber in der Gewalt dessen stehen, wogegen sie ankämpfen und daher das verletzen, was sie ihrer eigenen Existenz gemäß ehren sollten«: sie nämlich das Königsgesetz, er die Blutsbande. Aber die griechische Tragödie hätte chinesisch sich nicht ereignen können: Die Riten verwehrten, daß Persönliches ausbrach, der Mensch ein »Unmensch« wurde, im eigenen Zusammenbruch den andern zerbrechend, selber fallend auch andere fällend. Die Riten - gewissermaßen Formen, in denen ein chün -tzu sein jen ausprägte; Mensch-sein des Herrn gebändigt, Anstand der Herrschaft. Auch die Riten hat Konfuzius, seinen Prämissen unterworfen, sie gediehen erst, wenn die Namen richtig seien, die Worte stimmten, die Handlungen zu Ende kämen. Niemand holt die Abstraktion dieser Kette aus Grund und Folge sinnfälliger ins Konkrete als Marcel Granet.
DER MEISTER SAGTE: BEI AUSÜBUNG DER RITEN IST HARMONIE VON WERT; DER WEG DER FRÜHEREN KÖNIGE IST DADURCH SCHÖN. KLEINES UND GROSSES HÄNGT DARAN. MANCHMAL GEHT ES NICHT. UM HARMONIE ZWAR WISSEN, ABER IN HARMONIE SEIN, OHNE SICH DEN RITEN ZU UNTERZIEHEN, DAS KANN JA NICHT ANGEHEN.[72]
»Die Beachtung protokollarischer Unterschiede und der herkömmliche Harmonie, die eine Folge der gestuften Aufteilung der Lebenslose ist - dies sollten die Riten den Chinesen einschärfen. Überdies vermittelt ihnen das Ritual als höchsten Trost das Gefühl, daß der Gehorsam gegenüber der Etikette jedem einzelnen die Möglichkeit gibt, sein Tun rhythmisch in das große rhythmische System der den Kosmos widerspiegelnden Verhaltensweisen einzufügen.«
LIN FANG FRAGTE NACH DEM GRUNDLEGENDEN DER RITEN. DER MEISTER SAGTE: EINE WAHRHAFT GROSSE FRAGE! FEIERN: DABEI VERSCHWENDEN? EHER SPAREN! TRAUERN: DABEI SICH FÜRCHTEN? EHER SICH GRÄMEN![73]
»Der protokollarische Ausdruck der Gefühle besitzt, gerade weil er sich konventioneller Symbole und einer festliegenden Gestik bedient, den Vorzug, Gefühlsregungen in feste Bahnen zu leiten, chinesischen Schmerzriten zeigen dies deutlich. Der Schmerz des Trauernden muß sich zu festgelegten Zeiten bekunden, entsprechend einem Rhythmus, der durch die soziale Stellung des Abgeschiedenen protokollarisch fixiert war. Er äußert sich noch in den letzten Einzelheiten geregelter Gestik, Kleidung, Lebensweise und Zurückgezogenheit, Sogar die Art zu weinen - indem man ununterbrochen wehklagt, oder indem man dreimal schreit und dann die Stimme senkt, oder indem man einfach einen Klagelaut von sich gibt - war geordnet und überwach. Nichts war der Eingebung des Augenblicks überlassen, jede persönliche Anwandlung hatte scharfen Tadel zur Folge und disqualifizierte ihren Urheber, einerlei, ob er sich nicht genug angestrengt oder übertrieben hatte. Einer, der seine Mutter verloren hatte, weinte wie ein Kind.«
DER MEISTER SAGTE: ER TRAUERT, WAS LEIDET ER! DOCH WIE SCHWER, ES IHM NACHZUTUN. DAS GEWICHT DER RITEN: SICH NACH IHNEN RICHTEN, DAS GEBOT: SIE BEFOLGEN. KLAGEN UND SPRÜNGE BRAUCHEN EIN MASS.[74]
»›Seinen Gefühlsregungen freien Lauf lassen, heißt das Verhalten der Barbaren nachahmen.‹[75] Das von den Riten vorgeschriebene Verhalten unterscheidet sich davon, ›Wenn ein Sohn trauert und dabei hüpft und seine Glieder schwingt‹, sagt das ›Li-chi‹[76]. ›so beschwichtigt er sein Herz ...‹; denn die protokollarischen Sprünge setzen ihn instand, seinen Atem oder sein Herzklopfen wieder in einen geregelten Rhythmus zu bringen. Der große Vorzug der Riten liegt in dem regelmäßigen Rhythmus, den sie der Gestik und den Lebensfunktionen mitteilen. Wenn die Etikette die Lebensart beherrscht, wird das Wesen geadelt und verdient langen Bestand. Macht sich das Individuum diese Symbolsprache zu eigen, so nimmt es damit die nationale Kultur in sich auf. Er kann dann unter den Menschen Aufnahme finden. Er hat eine Persönlichkeit entwickelt.«[77]
DER MEISTER SAGTE: IST ES MÖGLICH, MIT RITUELLEM ANSTAND EIN LAND ZU REGIEREN, WAS BRAUCHT ES MEHR? IST ES UNMÖGLICH, MIT RITUELLEM ANSTAND EIN LAND ZU REGIEREN, WAS BRAUCHT ES RITEN?[78]
Nachbemerkung. Die Riten helfen, Lebensweg und Staatenlauf, beidemal Tao, politisch zu rationalisieren. Schafft Konfuzius den Widerspruch aus seiner Welt des Tao, wird Lao-tzu aus dem Widerspruch seines Tao die Welt schaffen. Ob eine irrationale und unpolitische, läßt sich so leichthin fragen wie schwierig beantworten. Eines hätte auch Meister Lao wohl sagen können, was Meister K’ung gesagt hat: »Morgens aufs Tao hören, abends sterben; dann ist es gut.«[79]
[1] Nämlich Chuang-tzu. Vgl. dazu Alfred Forke, Geschichte der alten chinesischen Philosophie, Hamburg 1927, S.251f.
[2] »About 240 B.C. an anonymous Quietist produced a small book, ... known from the early centuries of the Christian era inwards as the Tao Te Ching«. (Arthur Waley, The Way and its Power. A Study on the ›Tao Te Ching‹, London, 6. Aufl. 1968, S. 86).
[3] Vgl. dazu Georg Misch, Der Weg in die Philosophie. Eine philosophische Fibel, München, 2. Aufl. 1950, S. 268ff.
[4] Lun-yü (LY) IV,5.
[5] Peter J. Opitz, Konfuzius, in: Chinesisches Altertum und konfuzianische Klassik, hg., von Peter J. Opitz, München 1968, S. 40.
[6] Den Titel hat der Missionar und Sinologe James Legge eingeführt, dessen Übersetzungen chinesischer Klassiker ab 1861 erschienen.
[7] Opitz hingegen meint (a.a.O., S.41), die Analakten gäben »das Gedankengut des Konfuzius bei weitem nicht so zuverlässig wieder ... wie die sorgfältig komponierten Werke Platons das des Sokrates«. Aber das gilt allenfalls für Platons Frühdialoge.
[8] LY II,20.
[9] P.J. Opitz, a.a.O., S.47.
[10] LY XIII,10.
[11] So P.J. Opitz, a.a.O., S. 47f.
[12] LY II,21.
[13] Aristoteles, Politik, Greifswald 1879 (ed. Susemihl), S. 83ff.
[14] LY VI,23.
[15] Georg Misch, a.a.O., S. 279f.
[16] Vorlesungen über die Geschichte der Philosophie, Dritte Einleitung, ed. Hoffmeister, S. 277.
[17] Die Welt als Wille und Vorstellung, Vorrede zur ersten Auflage.
[18] Band I,3, (4. Aufl.) Leipzig 1922, S. 671ff.
[19] Ihr folgten 1934 eine Geschichte der mittelalterlichen und 1938 eine der neueren chinesischen Philosophie, ebenfalls Hamburg.
[20] LY I,1; II,15; IV,23.
[21] Friedrich Nietzsche, Die Unschuld des Werdens, Kröner Taschenausgabe Band 82, S. 335.
[22] LY XXII,3.
[23] Arthur Waley etwa datiert LY XIII,3 erheblich später als den übrigen Text. Vgl. The Analects of Confucius, London 1971 (6. Aufl.), S. 21ff.
[24] Vgl. Otto Franke, Über die chinesische Lehre von den Bezeichnungen, in: T’oung-pao, sér. II, vol. VII/1906.
[25] Shanghai 1922.
[26] I.M. Bochenski/A. Menne, Grundriß der Logistik, Paderborn 1954, S. 60.
[27] Wilhelm Burkamp, Logik, Berlin 1932, S. 79f. Dort heißt es natürlich »gegenwärtiger Präsident des Deutschen Reiches« und »Hindenburg«.
[28] LY IV,5.
[29] Ebd.
[30] Bertrand Russell, Die Probleme der Philosophie, Erlangen 1926, S. 87.
[31] A.a.O., S. 79f.
[32] A. Forke, Die Gedankenwelt des chinesischen Kulturkreises, in: Handbuch der Philosophie, Abt. V,C, München 1927, S.15.
[33] Zum Verhältnis von Recht und Erziehung auch zu Zeiten des Konfuzius vgl.: Frank Münzel, Philosophisches im Strafrecht der VR China, in: Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft, 88. Band (Auslandsteil), 1976/3.
[34] LY XII,11.
[35] A. Forke, a.a.O., S,15f.
[36] Jürgen Habermas, Theorie des kommunikativen Handelns, Frankfurt a.M. 1981.
[37] Lewis Carroll, Alice hinter den Spiegeln, Frankfurt a.M. 1963, S.198.
[38] LY II,l4; IV,11; IV,16.
[39] Vgl. diese Mo-Ti-Sätze bei A. Forke, a.a.O., S. 16f.
[40] Vgl. dazu meinen Aufsatz Dialektik in China (2), in: Große Mauer, Große Methode. Annäherung an China, Stuttgart 1968, S. 191.
[41] Die Antworten auf diese Fragen, China betreffend, sind nachzulesen in meiner Sammlung Konfuzius. Materialien zu einer Jahrhundertdebatte, Frankfurt a.M. 1976, S. 149ff. und S. 253.
[42] Das Prinzip Hoffnung, Frankfurt a.M. 1959, S, 562.
[43] W. Jaeger, Paideia. Die Formung des griechischen Menschen, 3. Band, 2. Aufl. Berlin 1955, S.87.
[44] P.J. Opitz, a.a.O., S. 53.
[45] A. Waley, The Analects of Confucius, a.a.O., S. 34ff.; Lin Yu-tang, Kontinente des Glaubens, Stuttgart 1961, S. 81ff.; M. Weber, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Bd. I, 2. Aufl. Tübingen 1921, S. 449.
[46] Zitiert nach: Hermann Paul, Deutsches Wörterbuch, 5. Aufl. Tübingen 1966.
[47] LY II,12 in der Übersetzung von A. Waley, a.a.O., S. 90. Waley merkt an: »i.e, a specialist, a tool used for a special purpose. He need only have general, moral qualifications.«
[48] M. Weber, a.a.O.
[49] LY II,12.
[50] R. Dvorak, Confuzius und seine Lehre, Münster 1895.
[51] Angelo Zottoli, Cursus Litteraturae Sinicae, vol. II, Shanghai. 1879, passim.
[52] In seiner Übersetzung der Confucian Analects, a.a.O., passim.
[53] LY II,12 in Ezra Pounds Übersetzung der Confucian Analects, London 1956.
[54] Vgl. die folgenden Zitate a.a.O., passim.
[55] LY II,13; III,7; IV,10; IV,24; VI,25.
[56] Zur logischen und politischen Problematik vgl. Hermann Lübbe, Sein und Heißen. Bedeutungsgeschichte als politisches Spannunggsfeld, in: Fortschritt als Orientierungsproblem. Aufklärung in der Gegenwart, Freiburg 1975, S 134ff.
[57] M. Granet, Das chinesische Denken, München 1963, S. 229.
[58] LY V,14.
[59] So übersetzt A. Zottoli, a.a.O., die Stelle.
[60] LY IV,5.
[61] LY XII, 22.
[62] LY 1,6.
[63] LY XIV,36.
[64] J.P. Opitz merkt an (a.a.O., S. 173): »Eine solche apolitische Konzeption der Menschenliebe bildet Lao-tzu.« Mit dieser Auffassung werde ich mich an anderer Stelle auseinandersetzen; ich halte sie für falsch.
[65] P.J. Opitz, a.a.O., S. 59.
[66] Eduard Zeller, Die Philosophie der Griechen, II,2, 2. Aufl. Tübingen 1862, S. 496.
[67] E. Zeller, a.a.O., S. 500.
[68] LY 1,8.
[69] LY IV,1; IV,2; IV,3; IV,4; IV,7; VI,20; III,3. Im folgenden kann nur die Bedeutung der Riten, nicht die Stellung der Musik diskutiert werden.
[70] Sophokles, Antigone, Vers 368.
[71] Ästhetik, ed. Bassenge, Berlin 1955, S. 1089.
[72] LY 1,12.
[73] LY III,3.
[74] Li-chi (Buch der Riten), Abschnitt T’an-kung.
[75] Li-chi, ebd.
[76] Li-chi, Abschnitt Wen-sang.
[77] M. Granet, a.a.O., S 310f.
[78] LY IV,13.
[79] LY IV,8. Alle Zitate aus dem Lun-yü sind meiner neuen Konfuzius-Übersetzung entnommen, die unter dem Titel Gespräche mit Meister K’ung im Insel Verlag, Frankfurt a.M., erscheint.
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